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Politisierte Generation Z: Wie wir den Generationenkonflikt vermeiden

Juni 10, 2019

Freitags wird immer noch für das Klima gestreikt, Youtuber wie Rezo machen Politik und die Grünen stehen dank der jungen WählerInnen in Umfragen erstmals vor der CDU Es ändert sich gerade etwas in diesem Land. Eine ganze Generation scheint sich zu politisieren und die Agenda zu setzen. Doch obwohl sich viele immer eine politischere Jugend gewünscht hatten sind sie jetzt überfordert. Vor allem viele aus den älteren Generationen verstehen diese jungen Leute nicht: wie sie im Internet leben, welche Sprache sie sprechen und warum in den letzten Jahren alles schlecht gewesen sein soll. In Folge 31 wollen wir uns diese politisierte Generation Z genauer anschauen und Ansätze diskutieren, um den Generationenkonflikt zu vermeiden. Wer besser verstehen will, was diese jungen Leute politisch bewegt, hört bis zur Zugabe und folgt unseren Top 3 der politischen Influencern.


Dieser Artikel bietet nur eine Zusammenfassung. Die vollständigen Argumente hörst du in der Podcast-Folge: hier im Player oder direkt auf Spotify, iTunes, Google Podcast, Deezer und Stitcher.


Generation Z und die Politik

Als Generation Z werden die zwischen 1997 und 2012 Geborenen bezeichnet. Sie sind die Nachfolgegeneration der berühmten Generation Y und damit jünger als Vincent und Tanja. Auch wenn man die Einteilung in Generationen kritisch hinterfragen kann, gibt es gemeinsame historische und kulturelle Ereignisse sowie gesellschaftliche Trends, die prägend sind für die Jugend einer bestimmten Generation. Klaus Hurrelmann ist einer der bekanntesten Jugendforscher und hat mit seinen Studien herausgefunden, dass die heutigen unter 20-Jährigen sich mehr für Politik interessieren als die Generation vor ihnen – über die Wucht von Fridays for Future ist jedoch auch er  überrascht.

Dass sich politische Aktivität und Themen der jungen Menschen von den Älteren unterscheiden, haben nicht zuletzt Fridays for Future und die unterschiedlichen Ergebnisse der ErstwählerInnen und Ü60-Jährigen bei der Europawahl gezeigt. Wenn sich diese Spaltung fortsetzt, könnte zu einem Problem werden, weil unsere Gesellschaft auf einem Generationenvertrag beruht. Das bedeutet, dass die aktuell arbeitende Bevölkerung die Rente der jetzigen RentnerInnen bezahlt. In den kommenden Jahren wird dieser Generationenvertrag stark belastet werden, wenn nicht mehr drei, sondern zwei Arbeitende einen Renter finanzieren.

Ein offener Generationenkonflikt würde bei der Lösung dieses Problems nicht helfen, sondern die Fronten verhärten. Der Zukunftsforscher Christian Scholz sieht zudem eine Beziehungsstörung zwischen etablierten PolitikerInnen und der Generation Z, die vor allem darauf fußt, dass sich junge Menschen von PolitikerInnen nicht ernst genommen fühlen. Bereits 2015 hat er sieben Probleme identifiziert und, warum Politiker und die Generation Z nicht zueinander finden.

6 strukturelle Lösungsansätze gegen den Generationenkonflikt

  1. Das Wahlalter senken oder direkt ein Wahlrecht ohne Altersgrenze einführen, um das Wählerpotenzial der jungen Menschen zu stärken und damit Demografie und Übermacht älterer Generationen entgegenwirken.
  2. Eine Kampagne starten “Wie alt ist dein Podium?”, um auf die Unterrepräsentation junger Menschen in Diskussionen, auf Podien, Nachrichten und Talkshows aufmerksam zu machen.
  3. Jugendquoten in Parteien und bei Wahlen einführen, um politisch engagierte Menschen politische Ämter auch vor ihrem 50. Lebensjahr zu ermöglichen und nicht immer wieder denselben Typus von PolitikerIn zu reproduzieren.
  4. Parlamente auslosen, um die Repräsentation junge Alterskohorten in den Parlamenten sicherzustellen.
  5. Amtszeiten begrenzen, damit neue Leute mit neuen Ideen schneller in verantwortungsvolle Positionen kommen und auf eine zeitgemäße Art und Weise Politik machen können.
  6. Politisches Engagement nach den Bedürfnissen junger Menschen ermöglichen, um sich digital, orts- und zeitunabhängig, thematisch, projektorientiert und ohne Mitgliedschaft in Parteien einbringen zu können.

4 Möglichkeiten in der politischen Kultur den Generationenkonflikt zu vermeiden

  1. Babyboomer müssen Social Media ernst nehmen, kompetentes Personal einstellen und Community-Management betrieben, statt  die Netzwerke nur zum Senden ihrer Botschaften zu nutzen.
  2. Den jungen Menschen mit Respekt begegnen, anstatt #DieseJungenLeute in Diskussionen nicht für voll zu nehmen und ihnen gute Ideen abzusprechen, weil sie mit Emojis kommunizieren.
  3. Die politisierten jungen Menschen müssen sich organisieren und in Parteien oder NGOs gehen, um den Wandel nachhaltig durchzusetzen.
  4. Die Gen Z sollte sich nicht auf einen Generationenkonflikt einlassen, sondern in der älteren Generation Verbündete suchen und gemeinsame Sache für die Zukunft machen.
Die #GenerationZ ist so politisch wie nie – und die Babyboomer wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Hier findet ihr 10 Vorschläge für ein konstruktives Miteinander statt #Generationenkonflikt. Klick um zu Tweeten

 

3 politische Influencer, denen Du folgen solltest

Eva Schulz von Deutschland3000

Mai Thi Nguyen-Kim vom MaiLab

Diana zur Löwen

 

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3 comments

  1. Kai sagt:

    Zweien Eurer Lösungsansätze würde ich auf Basis meiner Beobachtung widersprechen und auch einer Bemerkung, die in dem Kontext kam.

    Euren Vorschlag 9 (und damit auch 3) halte ich in Teilen nicht für zielführend. Damit würde die Gen.Z viele Ressourcen verschwenden und wahrscheinlich eher das Gegenteil erreichen.

    Warum meine ich das? Man kann die Grünen als genau den Teil der 68er sehen, die sich als Partei organisiert haben, um über den „Marsch durch die Institutionen“ das politische System zur reformieren und zu verbessern. Nun könnte man sagen, dass die 68er, oder halt die Babyboomer, die Institutionen tatsächlich „erobert“ haben. Aber hat sich am System dadurch wesentlich etwas verbessert? Ist unsere Demokratie dadurch demokratischer geworden?

    Ich glaube nicht! Ich glaube, die inhärenten Mechanismen sorgen dafür, dass – egal in welcher Generation, sogar egal in welcher Partei – eine bestimmte Art von Mensch in die Machtpositionen kommt (Ihr habt die Erkenntnis in einem Nebensatz a la „die erkennt man schon als Politiker“ selbst in der Folge). Der selbe Effekt war im Schnelldurchlauf bei den Piraten zu sehen, als sie sich von einer „anders organisierten“ Partei nach Wahlniederlagen zu einer „normal“ organisierten Partei umgebaut haben.

    Ich hätte wenig Hoffnung, dass es dieses Mal anders liefe: die Idealisten der Gen.Z, die es in Parteien versuchten, würden sich ohne Ergebnis aufreiben und die Psychopathen (*) schafften es nach oben und würden wieder nichts ändern, sobald sie „oben“ angekommen wären.

    Das klingt leider etwas pessimistisch, soll aber eigentlich nur darauf hinauslaufen, dass meiner Meinung nach andere Wege deutlich erfolgversprechender (im Sinne der Sache) sind.

    (Der angekündigte Widersrpuch zu der anderen Aussage kommt in einem extra Kommentar, um die Themen nicht zu vermischen.)

    (*) nach einer etwas veralgemeinerten und technisch bestimmt falschen Bedeutung

  2. Kai sagt:

    Der versprochene zweite Widerspruch 😉

    Ihr sagt in der Folge, die FFF-Bewegung hätte dadurch, dass sie sich organisiert hat, schon viel erreicht.

    Das sehe ich anders und ich verstehe es so, dass sie es auch selbst anders sieht: sie hat ihr Ziel noch nicht erreicht. Das Ziel ist, dass sich die Klimapolitik wesentlich ändert. Die Klimapolitik hat sich faktisch aber noch gar nicht geändert. Somit ist vom Ziel auch noch nichts erreicht.

    Zu sagen, sie hätten schon viel erreicht, unterscheidet sich leider nicht sehr von den öffentlichen Äußerungen vieler etablierter Politiker. (Sorry, ich will Euch hier nicht das selbe mind set unterstellen – beileibe nicht! Aber vielleicht habt Ihr hier einen kleinen Teil der Betrachtungsweise übernommen, ohne es zu wollen?) Der Kretschmann hat dieses Richtung eingeschlagen, als er sinngemäß meinte „Ja, ja, wir haben Euch gehört und reden jetzt ja über das Thema; Ihr könnt dann jetzt wieder zur Schule gehen.“

    Diese Äußerung gehört für mich in die Reihe der völlig respektlosen Äußerungen _und_ sie zeigt, dass auch er das Ziel und den Anspruch von FFF nicht ansatzweise verstanden hat. Der ausgesprochene Anspruch war, zu protestieren, bis sich etwas _ändert_, nicht lediglich bis wieder mal (vermutlich wieder ergebnislos) _geredet_ wird.

    Ich bin den FFFlern für diesen Anspruch sehr dankbar.

  3. Vincent Venus sagt:

    Lieber Kai,

    vielen Dank für Deinen Widerspruch.

    Du hat vermutlich recht, dass sich in jeder Organisation eher ein bestimmter Typ Mensch durchsetzt. Ich habe das selbst auch beobachtet: während die Idealisten irgendwann die Nase voll haben, zeigen die Pragmatiker den langen Atem.

    Trotzdem sehe ich keine Alternative darin, sich zu organisieren – und entweder bestehende Organisationen zu reformieren oder halt selbst eigene zu gründen. Denn: Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren einer jeden Bewegung ist ihre Fähigkeit, sich organisieren zu können. Wer das nicht schafft, kann nicht nachhaltig wirken (siehe die 99 %-Bewegung zum Höhepunkt der Finanzkrise).

    Du hattest in Deinem Kommentar noch bessere Alternativen erwähnt, aber diese nicht ausgeführt. Welche siehst Du denn da?

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