Beim Surfen durchs Netz stoßen wir häufig auf schlechte Nachrichten, Krisen und Katastrophenmeldungen. Obwohl sie uns schlechte Laune machen, klicken wir dann häufig doch noch auf die nächste Meldung und scrollen damit dem Weltuntergang entgegen. Für dieses exzessives Eintauchen in dystopische Nachrichten gibt es einen Namen: Doomscrolling.
In dieser Folge analysieren wir die Ursachen, warum wir uns so gerne dem Untergang entgegen scrollen und haben eine Menge Tipps und Tools zusammengetragen, wie man mit Doomscrolling aufhören kann. Denn die Sucht nach schlechten Nachrichten macht nicht einfach nur schlechte Laune, sondern schadet unserer Demokratie.
Dieser Artikel bietet nur eine Zusammenfassung. Die vollständigen Argumente hörst du in der Podcast-Folge: hier im Player oder direkt auf Spotify, Apple Podcast, Google Podcast, Audio Now, Podimo, Deezer und Stitcher.
Das Problem: Doomscrolling ist kein politischer Aktivismus
Dass wir auf negativen Nachrichten hängen bleiben, hat auch mit unserer Hirnfunktion und der Evolution zu tun. Das menschliche Gehirn reagiert schneller und intensiver auf Negatives als auf positive Meldungen. Mit dieser schnellen Reaktion versucht unser Körper uns vor einer möglichen Bedrohung zu schützen. Deswegen ist es auch relativ schwierig, sich davon so richtig freizumachen. Insgesamt deuten erste Studien in der Pandemie darauf hin, dass jene Menschen psychisch stärker belastet werden, die sich häufiger und länger über die (sozialen) Medien mit Corona beschäftigen.
Doomscrolling hat jedoch nicht nur negative Auswirkungen auf uns als Einzelpersonen, sondern auch auf die demokratische Gesellschaft. Zum einen entzieht Doomscrolling Energie, die für ein zivilgesellschaftliches Engagement hätte aufgebracht werden können. Denn wenn es uns selbst schlecht geht, haben wir weniger Kraft, uns für andere einzusetzen. Zum anderen gaukelt Doomscrolling Aktivismus vor. Denn man schaut ja aktiv hin und ist gedanklich involviert. Ändern tut sich dadurch allerdings rein gar nichts.
Der kleine Doomscrolling-Selbsttest
In der Folge besprechen wir unser Medienverhalten. Diese fünf Fragen könnten auch dir helfen, herauszufinden, ob du zu Doomscrolling neigst.
- Wo liest du Nachrichten? Gezielte Quellen oder Social Media?
- Legst du dir eine Zeit fest, wie lange du Nachrichten lesen willst?
- Hast du Benachrichtigungen und Eilmeldungen auf dem Handy aktiviert?
- Nimmst du dir bewusst Ausgleich von der Bildschirmzeit?
- Was hat aktuell deine Aufmerksamkeit? Nur der neueste Aufreger oder beschäftigst du dich auch mit grundlegenden Fragen der Gesellschaft?
Die Lösung zwischen alles anschauen und alles abschalten
Eine Lösung gegen das Doomscrolling zu finden, ist gar nicht so einfach. Was jedoch mit Sicherheit keine gute Antwort darauf ist, ist das Abschalten aller Medien.
Es gibt die üblichen gut gemeinten Tipps, wenn man sich nicht so wohlfühlt, wie öfter mal rausgehen, meditieren anfangen oder sich mit Menschen zu umgeben, die einem gut tun. Wir haben darüber hinaus acht Möglichkeiten zusammengetragen, wie man die Negativspirale des Doomscrollings durchbrechen kann.
Bewusstsein
Als aller erstes muss man sich darüber bewusst werden, dass das eigene aktuelle Verhalten einem schadet und sich dann aktiv entscheiden, etwas zu verändern. Herzlichen Glückwunsch! Mit dem Lesen dieses Artikels und dem Hören der Folge bist du dem ersten Schritt schon sehr nahe.
Selbst entscheiden
Dann ist es wichtig, wieder zu einem aktiv Handelnden zu werden und die Rolle des passiven Konsumenten abzulegen. Daher solltest du alle Eilmeldungen und Benachrichtigungen von Social Media-Accounts abbestellen. So hast du die Erstkontrolle darüber, welche Nachrichten und Meldungen du dir wann und wie anschaust. Zum Empfangen echter Katastrophenmeldungen kannst du dir beispielsweise Katwarn herunterladen.
Infinite Scroll brechen
Die neuen Medien verleiten uns besonders zum Doomscrolling dadurch, dass bei jedem Scrollen noch mehr Meldungen und Beiträge angezeigt werden. Es gibt auf diesen Seiten kein Ende mehr. Um diese Logik zu brechen, informiere dich über Medien und Seiten, die nicht unendlich sind: zum Beispiel (gedruckte/e-paper) Zeitungen oder für Corona-Informationen ein mal am Tag bewusst auf die Seite einer Gesundheitsorganisation gehen, statt einen Live-Ticker zu abonnieren.
Gewohnheiten ändern
Wenn die Begrenzung der Bildschirmzeit bei dir nicht funktioniert, dann probiere es doch mal mit der umgekehrten Idee: Plane die Zeiten für deinen bewussten Social Media-Konsum in den Tag ein, zum Beispiel indem du dir dafür Termine in den Kalender setzt.
Sich selbst konditionieren
In der New York Times schlagen sie eine ungewöhnliche Methode vor: Spanne dir einen Gummi um die Hand beim Scrollen durch die Nachrichten und beim ersten Gefühl sich dem Weltuntergang hinzugeben, lass es gegen die Hand fetzen. So konditioniert man sich selbst dazu, sich nicht in den Strudel reinziehen zu lassen.
Aktivität statt passives Konsumieren
Was auch helfen kann, sich nicht reinziehen zu lassen, ist die aktive Teilnahme an Diskussionen und Konversationen auf Social Media, statt die Beiträge nur zu lesen. Dadurch entsteht nicht so schnell ein Gefühl der Hilflosigkeit, denn man ist selbst aktiv und stellt in den Momenten wieder eine Handlungsfähigkeit her, die möglicherweise verloren gegangen ist.
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Mehr gesellschaftspolitische Zukunftsthemen, statt Eilmeldungen und Tagesnachrichten
Die Nachrichten, die besonders unsere Aufmerksamkeit binden, sind meist relativ kurzfristig relevante und zugespitzte Tagesnachrichten oder Eilmeldungen, in die man sich emotional reinsteigert. Gleichzeitig sind diese politische Themen schnell wieder unwichtig. Besser fühlt es sich oftmals an, wenn man sich mit grundlegenden politischen Zukunftsthemen beschäftigt.
Formate 100 % frei von Doomscrolling
- “Im Grunde gut. Eine neue Geschichte der Menschheit” von Rutger Bregman, Historiker und Journalist
- Good News-Magazin
- Perspective Daily-Portal für konstruktiven Journalismus
- Plan b: Das ZDF-Portal für konstruktiven Journalismus
- Angstfreie Nachrichten