Unter “#DieseJungenLeute” haben hunderte Engagierte geschildert, wie sie in Politik und Alltag von Alten nicht ernst genommen werden. Die Gründe für Jugenddiskriminierung besprechen Tanja und Vincent in Folge 7 von Y Politik: Codes im Verhalten, die zahlenmäßige Unterlegenheit unter WählerInnen und eine kontraproduktive Selbstorganisation. Damit ihr euch dagegen wehren könnt, erfahrt ihr in der Zugabe Tricks für eine schlagfertige Reaktion.
Dieser Artikel bietet nur eine Zusammenfassung. Die vollständigen Argumente hörst du in der Podcast-Folge: hier im Player oder direkt auf Spotify, iTunes oder Stitcher.
#DieseJungenLeute: Was ist das Problem?
Die Debatte um #DieseJungenLeute, die in der Politik nicht ernst genommen werden, nahm ihren Anfang mit Kevin Kühnert. Der Bundesvorsitzenden der Jusos machte sich über inhaltslose Fragen der Presse lustig, die nur auf sein Alter anspielten:
Bin heute morgen bei #RTL gefragt worden, ob ich in einer WG lebe. Werde anfangen solche überaus relevanten Fragen zu beantworten, sobald #Merkel und Co gefragt werden, ob sie beim Joghurt immer den Deckel ablecken. #diesejungenleute
— Kevin Kühnert (@KuehniKev) 25. Januar 2018
Nicht nur er musste sich dumme Sprüche anhören lassen, auch die Berliner Juso-Chefin Annika Klose war betroffen. Ihre Rede auf dem SPD-Bundesparteitag kommentierte der Chefredakteur der Welt am Sonntag so:
Sehr aufgeregtes Mädchen von den Jusos bekommt mehr Applaus als Martin Schulz.
— Peter Huth (@PeterHuth) 21. Januar 2018
Dies sind zwei Beispiele für viele Erfahrungen, die auf Twitter unter dem Hashtag #DieseJungenLeute geschildert wurden. Egal ob in Politik, Wirtschaft oder Alltag – überall werden junge Menschen schlechter gestellt als ältere Generationen.
Jugenddiskriminierung 1: Sprache und Verhaltenscodes
Die Analyse von den #DieseJungenLeute-Berichten zeigt, dass die meisten davon einem von vier Typen entsprechen:
- Der Gegenüber geht von einem geringeren (beruflichen) Status aus
(Beispiel von Moritz Körner) - Es wird ein anderer, höher eingeschätzter Ansprechpartner gewählt
(Beispiele aus der Maybritt Illner-Sendung vom 18.01.2018) - Es werden Formulierungen eingesetzt, um den niedrigeren Status zu betonen
(Beispiel in der Tagesschau und von Anke Domscheit-Berg) - Inhalte werden als wilde Ideen abgetan und nicht ernst genommen
(Beispiel von Verena Schäffer)
Vieler dieser Beispiele zeigen, wie tief in der Politik Vorurteile gegenüber jungen Engagierten sitzen. Einige sind sich ihrer eigenen Vorurteile möglicherweise gar nicht bewusst. Umso wichtiger ist es daher, seine eigenen Einstellungen zu hinterfragen. Denn die vielen Berichte zeigen, dass Jugenddiskriminierung weit verbreitet ist. Auch wenn die meisten Politiker dem Klischee eines grauhaarigen, älteren Herren entsprechen, ist das keine Entschuldigung, die Ausnahmen davon auch noch weniger ernst zu nehmen.
Jugenddiskriminierung 2: Strukturen gegen die Jugend
Die Strukturen in der Politik benachteiligen auf zwei Ebenen junge Menschen. Zum einen halten die alte Generation die Mehrheit am Wahlvolk und damit die Macht. Zum anderen schwächen sich die jungen durch Organisation in Jugendverbänden selbst.
Deutschland entwickelt sich in eine Rentnerdemokratie: bereits heute sind 66 Prozent der Wahlberechtigten älter als 45 Jahre. Bis 2030 wird das Land noch sehr viel älter werden. In einigen Kommunen, wie beispielsweise Guben, Ost-Brandenburg, wird die Hälfte der Bevölkerung (!) älter als 60 Jahre alt sein.
Diese zahlenmäßige Übermacht der Alten wird noch durch eine Rechtebeschneidung der jüngeren verstärkt: sie dürfen erst ab 18 Jahren den Bundestag wählen – das Wahlvolk ist also noch älter als die Gesamtbevölkerung Aus diesen Gründen haben junge Menschen so gut wie keine politische Relevanz.
Darüber hinaus schwächt die Tradition der Selbstorganisation in Jugendorganisationen die junge Generation. Anstatt in den Vorständen der Parteien zu sitzen, engagieren sich NachwuchspolitikerInnen meist bei der Jungen Union, den Jusos, JuLis oder der Grünen Jugend. Das hat Vor-, aber auch gravierende Nachteile:
- die Öffentlichkeit nimmt Jugendorganisationen nur bei Jugendthemen ernst.
- beim Übergang in die Mutterorganisation mit 35 Jahren gehen viele Nachwuchskräfte verloren, u.a. wegen des Kulturschocks.
- in den Entscheidungsgremien der Mutterorganisationen ist der Altersdurchschnitt noch einmal höher.
Deine Meinung
Zugabe: Tipps und Tricks, um mit doofen Sprüchen umzugehen
Der wichtigste Ratschlag: reagiere und lasse dumme Sprüche deinem Gegenüber nicht einfach durchgehen. Damit würdest du sie indirekt akzeptieren.
Drei Denkanstöße, wie du auf dumme Sprüche reagieren kannst:
- Solche Sprüche sagen mehr über den aus, der sie gesagt hat, als über dich. Interpretiere daher das Gesagte als Selbstaussage und spiele den Ball zurück.
- Stelle naive Rückfragen und lasse dir das Gesagte erklären. Das kann für dein Gegenüber schnell unangenehm werden, wenn er oder sie mit seinen impliziten Vorurteile konfrontiert wird.
- Lächle, denn das wirkt souverän und zeigt, dass du über den Dingen stehst.
Wie du nicht reagieren solltest:
Ein TAZ-Journalist empfahl auf die Frage, ob man der Praktikant sei, zu antworten “Und ich dachte sie wären mein Opa. Aber der hat sich besser gehalten – und ist seit 3 Jahren tot”. Das ist wohl eher ein No-Go als ein gut gemeinter Rat. Eine ebenso schlechte Reaktion ist, sich zu rechtfertigen und damit eine Verteidigungshaltung einzunehmen.
Show Notes
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01:58
Das Phänomen: Jugenddiskriminierung
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08:23
Perspektive 1: Sprache
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16:40
Perspektive 2: Strukturen
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30:44
Das Zwischenfazit
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33:54
Eure Meinung 1: Abstimmung
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34:50
Zugabe: Wie ihr euch wehren könnt gegen dumme Sprüche
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44:44
Eure Meinung 2: Rückmeldung und Ergebnisse
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