Die Europäische Union verliert an Einfluss in der Welt. Außenpolitisch ist sie ein Zwerg verglichen mit anderen Großmächten wie die USA oder China. Gleichzeitig verlangen grenzübergreifende Krisen wie der Klimawandel und mögliche Kriege in der europäischen Nachbarschaft nach einem gemeinsamen Vorgehen. Alle Mitgliedstaaten der EU sind sich jedoch selten einig und jeder einzelne Mitgliedstaat kann mit seinem Veto Beschlüsse blockieren.
Deswegen geht es in Folge 69 um die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips im Rat der Europäischen Union. Wir zeigen, warum die Abschaffung des Vetos so wichtig ist, was eine bessere Regelung wäre und mit welcher einfachen Maßnahme ihr dafür sorgen könnt, dass die EU zukünftig mit einer Stimme spricht.
Sommer 2022: Petition unterschreiben und mithelfen, das Blockadeprivileg der Nationalstaaten abzuschaffen.
Problem: Das Veto in der Außenpolitik blockiert die EU
Das Problem ist, dass die Europäische Union in der Welt selten geschlossen auftritt. Die AußenministerInnen und RegierungschefInnen der großen Länder in der EU haben einzeln immer noch mehr Gewicht als die EU als Machtblock. Das liegt vor allem an den politischen Spielregeln. Denn um einen Beschluss in der Außenpolitik zu fällen, müssen alle 27 Mitgliedstaaten diesem zustimmen. Falls nur ein Land dagegen ist, passiert nichts mehr.
In der Praxis bedeutet das: Die EU hat fast 450 Millionen Einwohner. Wenn die Regierung von Malta sich querstellt, dann kann diese “Macht” von 475.000 Menschen (weniger EinwohnerInnen als Bremen / 0,1 % der EU-Gesamtbevölkerung) alles blockieren. Dieses Einstimmigkeitsprinzip gilt auch bei anderen Politikbereichen wie den EU-Finanzen, der Besteuerung, dem Sozialschutz und Bürgerrechten.
Lösung: Qualifizierte Mehrheit statt Einstimmigkeitsprinzip
Die Lösung liegt nahe: das Einstimmigkeitsprinzip komplett abschaffen und ersetzen mit einem Wahlverfahren, dass in vielen anderen Politikfeldern verwendet wird: das qualifizierte Mehrheitsrecht. Qualifizierte Mehrheit bedeutet:
- Es braucht mindestens 15 von 27 Mitgliedsstaaten für einen Beschluss
(= 55 % aller Mitgliedstaaten) - Diese mindestens 15 Staaten müssen mindestens 65 % der EU-Gesamtbevölkerung repräsentieren
Das stellt zum einen sicher, dass große Länder nicht von kleinen Ländern zu etwas gezwungen werden können, weil ja 65 % der Bevölkerung repräsentiert sein müssen und zum anderen viele kleine Länder sich gegen eine Übermacht weniger großer Länder wehren können.
Alle EU-Mitgliedstaaten für die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips zu gewinnen, ist jedoch schwierig. Denn für die Abstimmung darüber gilt das Einstimmigkeitsprinzips ja noch. Das heißt, wenn nur ein Land ein Veto dagegen einlegt, kann kein neues Entscheidungsverfahren eingeführt werden.
Die gute Nachricht ist: es gab lange nicht mehr so viele progressive Kräfte, die sich für eine derartige Reform einsetzen wie aktuell. Zum Beispiel fordert die neue Bundesregierung in Deutschland in ihrem Koalitionsvertrag die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzip in der Außenpolitik. Im Europaparlament gibt es ebenfalls dafür Unterstützung, z.B. vom Fraktionschef der Konservativen, Manfred Weber.
So kannst du die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in der EU-Außenpolitik unterstützen
Die Zeichen stehen gut, was fehlt also noch? Eine gesamteuropäische Dynamik, die das Vorhaben unterstützt, dieses immer wieder auf die politische Agenda setzt und so die Forderung nach der Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in Verhandlungen trägt. Auch dafür gibt es gerade eine besondere Gelegenheit, von der wir bereits berichtet haben: Die Konferenz zur Zukunft Europa. Diese tagt noch bis Mai und alle BürgerInnen der EU können sich online einbringen und beteiligen.
Ein Zusammenschluss verschiedener proeuropäischer Initiativen hat den Vorschlag zur Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips auf der Plattform eingebracht. Es braucht nur ungefähr 800 Stimmen, um die meist unterstützte Idee auf der Plattform zu werden. Damit kann man relativ sicher davon ausgehen, dass die Idee als meist-votiertes Ergebnis dem Vorstand und den Delegierten der Zukunftskonferenz vorgestellt wird und dieses in den offiziellen Abschlussbericht aufgenommen werden muss. Somit wäre das erste Ziel bereits erreicht: Die Abschaffung des Blockadeprivilegs ist auf der Agenda und wird verhandelt.
Update: Die neusten Infos auf der Webseite der #NoVeto-Initiative.
Ich habe mich mal durch die Anmeldung geklickt und unterstütze die Idee auch. Ich finde der Anmeldeprozess war etwas euphemistisch beschrieben. Ich habe 3 Anläufe gebraucht aber am Ende hat es doch geklappt.
Ich drücke die Daumen!
Moin,
die Idee mag ja gut und schön sein – und ist ganz sicher auch nicht neu.
Das Problem: Eine Änderung des Einstimmigkeitsprinzips, müsste einstimmig entschieden werden.
Wieso sollten die üblichen Querulanten ihr Veto-Recht freiwillig abgeben, obwohl Sie wissen, dass ihre Interessen oftmals anders gelagert sind?
Leider wird sich somit auch weiterhin nichts ändern. Dieses Problem hat die EU ja auch nicht exklusiv. Nato, UN… überall das selbe Problem.
Gruß Thomas
Ich habe Eure Seite leider erst heute entdeckt. Ungarn hat sich erst gerade mit dem Veto Sonderbedingungen erstritten, aber vor allem das Embargo weiter hinausgezögert, die EU geschwächt und Putin reicher gemacht. Auch das Deutsche Reich wurde ab dem 16. Jahrhundert bis 1806 nach dem Prinzip der Einstimmigkeit ( der Reichsfürsten) runter gewirtschaftet.
Braucht Ihr meine Unterschrift noch ?
Ja, bitte hier unterschreiben: https://www.change.org/p/end-vetoes-in-european-politics
Danke 🙂